27.05.2019
Am 09.05.2019 besuchte Erna de Vries, eine Zeitzeugin und Überlebende des Holocausts, unsere Schule, um uns von ihrer Geschichte zu berichten. Sie berichtet seit 1998 in Schulen und Bildungseinrichtungen über ihr Schicksal.
Erna de Vries (geb. Korn) wurde am 21.Oktober 1923 in Kaiserslautern geboren. Ihr Vater Jacob Korn war evangelischer Christ, ihre Mutter Jeanette Korn, geborene Löwenstein, war Jüdin. Erna de Vries wuchs mit dem jüdischen Glauben auf. Ihr Vater verstarb früh im Jahr 1931. Die Mutter führte das Unternehmen zusammen mit dem Partner ihres verstorbenen Mannes weiter. Aufgrund der Repressalien gegen Juden wurde eine Zusammenarbeit in der Firma unmöglich, sodass die Mutter sich aus dem Geschäft zurückzog und mit ihrer Tochter von ihrem Ersparten aus dem Geschäftsanteil lebte. Die Tochter besuchte zunächst eine private katholische Mädchenschule, später jedoch konnte sie das Schulgeld nicht mehr aufbringen und wurde in die jüdische Sonderklasse einer Schule in Kaiserslautern versetzt. Sie arbeitete nach der Schule in einer jüdischen Wäschenäherei. Ihr Wunsch war es, Ärztin zu werden.
Am Morgen nach der Pogromnacht vom 9. zum 10. November 1938 wurde das Heim der Korns verwüstet. „Ich bemerkte auch, dass meine Mutter hilflos war, wie mehr oder weniger alle Juden, und dass sie mir nicht mehr helfen konnte. Von da an bin ich nicht mehr mit meinen kleinen Sorgen zu ihr gekommen“, berichtete Erna de Vries später.
Erna de Vries sprach unter anderem darüber, dass sie ein enges Verhältnis zu ihrer Mutter hatte. Im Juli 1943 sollte ihre Mutter deportiert werden. Erna Korn begleitete ihre Mutter freiwillig zunächst bis Saarbrücken, wo sie ins Gestapo-Gefängnis gebracht wurden. „So bin ich mit meiner Mutter ins Gefängnis Saarbrücken gekommen. Sie war unglücklich, dass ich das geschafft habe. Aber das war mir ganz egal […], ich wollte bei meiner Mutter sein.“ Ihre Mutter sollte ins KZ Auschwitz-Birkenau gebracht werden. Erna Korn bestand darauf, ihre Mutter zu begleiten. Mutter und Tochter trafen Ende Juli 1943 in dem Konzentrationslager ein. Sie arbeiteten im Außenlager Harmense in der Fischzucht. Erna de Vries litt unter Phlegmone, welche sich in ihrem Fall durch eitrige Wunden an den Beinen äußerte. Am 15. September 1943 wurde sie deswegen in den Todesblock 25 verlegt. Am frühen Morgen des folgenden Tags wurden die Insassinnen zu den Wagen gedrängt. Erna hingegen hatte noch einen Wunsch:,, Ich wollte die Sonne noch mal sehen. Ich habe gedacht, wenn ich die Sonne sehe, kann mir doch nichts passieren… und ich habe die Sonne gesehen.‘‘ Mit diesem Satz berührte Erna die in der Aula anwesenden Schüler und Lehrer sehr.
Glücklicherweise wurde Erna tatsächlich vor der Hinrichtung durch einen SS-Mann verschont, der sie aus dem KZ herausholte. Es gelang ihr noch sich von ihrer Mutter zu verabschieden, welche kurze Zeit später ermordet wurde.
Ernas Geschichte berührte alle Anwesenden sehr und regte zum Nachdenken an. Nach ihrem Vortrag wurden die Schüler dazu aufgefordert ihr Fragen zu stellen, falls diese in ihrer Geschichte noch nicht beantwortet worden sind. Ebenfalls hat sie uns ihre Nummer, welche sie im KZ in Auschwitz-Birkenau bekommen hat, gezeigt.